Dienstag, 19. Juni 2007
neue meister 1
viel zu viel künstler. viel zu viele. hunderttausende weisst du, sagt gerd und streicht sich durch seine fettigen haare. soviele künstler, dieser ganze unfassbare wust von künstlern und künstler die sich einfach nur künstler nennen aber in wirklichkeit überhaupt gar keine künstler sind, diese ganzen tonnen von machern, dies schwach und unsinssschöpfer, unnütze horden sind das, ja, unmassen, diese ganze überhauptnicht mehr zu überblickende annhäufung von sogenannten maestros, ob sie studieren oder nicht studieren ist komplett egal, studieren tut ja jeder auf seine eigene art und zwar lebenslänglich, wer ja aufhört, auf seine ganz eigene art zu studieren, wer also aufhört zu denken ist ja von vornherein schon tot und vermodert ist das nicht so sagt gerd weiter und alle sind sie auf lebenslänglich dazu verbannt, kunst zu tun, denn die meisten machen ja nicht einmal etwas, so weit sind wir weisst du, sie tun ja einfach nur, und indem sie tun machen sie sich auf solche weise lächerlich wie man sich schlicht nicht mehr lächerlicherer machen kann, so sind sie, so sind die künstler und all die macher und die maestros und magister wie sie sich nennen, sagte gerd und stolperte beinahe über eines seiner lagernden ölbilder während der cafe welchen er sich und den freunden gerade machte in der küche zischt im stock über seinem soegannten atelier eine familie streitet und er weiterflucht über die künst und über all die künstler und macher, die magister und maestros, und er kann sich gerade noch halten als er über ein ölbild stolpert, welches er gerade noch letzte nacht gemalt hatte auf welchem ein pferd ohne kopf und ohne füsse und überhaupt ein pferd das man gar nicht erkennen soll darstellt und dessen sinn gerd gerade noch vorher, vor dem er begann sich über die kunst und magister auszulassen zu erläutern versuchte, ihn aber niemand, nicht ein einziger von seinen feunden verstand, in wahrheit kein einziger von seinen freunden auch nur zu verstehen versuchte. gerd malt unmengen an bildern. gerd malt täglich an die drei bilder, oft vier oder noch mehr, zehn zwanzig an manchen tagen malt gerd das ist er, nur er und gerd malt um zu sein und um zu existieren, das malen ist sein atmen und sein atem - sein ganzes sein ist das, er ist das und er ist die malerei und die ist ja in wahrheit seine ganze existenzberechtigung und würde gerd eines tages nicht mehr malen, er würde auf der stelle verrecken, er würde auf bestialische weise krepieren und verlöschen, dramatisch verenden würde gerd, wie eine heruntergebrannte kerze würde er erlöschen könnte er eines tages nicht mehr malen, und trotzdem, das gerd eigentlich das urtier eines tünchers ist, so hasst er alle künstler und alle menschen, die ihn umgeben, welche vorgeben künstler zu sein und er hasst auch und sogar jene, welche wirkich künstler sind, welche wirklich frei sind obwohl er selbst, gerd, ja einmal frei war und sein ganzer hass daher rührt, das er nicht mehr frei ist. das er jetzt zu dem ganzen raubgesindel der subventionierten künstlern gehört, das er nicht mehr frei ist als ein künstler der frei sein kann, sondern das er zu dem lumpenpack jener sogenannten künstlern gehört, welche sich vom staat durch- und also abspeisen lassen, die ihre nichtigen, zu überhaupt nichts nützenden kleinbürgerlichen rechnungen die auch nur wieder andere fäulnisdurchsetzte mäuler stopfen von niemand anderem bezahlen lassen als vom staat, dachte sich gerd während er die kaffekaraffe auffüllt und immer noch weiterlästernd zu seinen freunden, die ihn, wie zuguterletzt ja alle menschen einandern nur ausbeuten und in ihren mühlen verwerten, ausnutzen, die ihn da er der einzige unter ihnen ist, welcher ein sogenanntes kunststudio, welcher ein atelier mit licht und balkon hat, ja immer nur weitermelken und ihn ohne auch nur die geringsten reuegefühle melken wie eine schwangere milchkuh genau das ist ihr gerd für sie, denkt gerd und spricht, während er seinen sogenannten freunden kaffe einschenkt, von all den brillianten, prächtig wunderbaren projekten welche jetzt noch in seinem kopf herumspuken aber doch bald in ihre, wie man so wunderbar sagt in seinen kreisen, finalisierung erleben. die finalisierung, fährt gerd weiter fort, die finale verwirklichung einer idee, das ist ja eigentlich die königsklasse aller disziplinen, sagt er während seine freunde ihn hörig umringen. das ist ja überall so, sagt er, in allen dingen und in allen sparten sogar beim sport den ich ja wie überhaupt nichts anderes ablehne wie verabscheue, sagt er, sogar beim sport ist ja die finalisierung erst der sieg an sich, der schreckliche sieg vor dem ja auch nur alle angst haben während sie nichts mehr anstreben als eben den sieg, das ist doch das, was alle wollen, der sieg ist die einzige wahre verwirklichung erst dann, wenn du alle anderen geschlagen hast, das ist der punkt über den du nicht mehr hinausgehen kannst, wenn du alle anderen geschlagen hast, da musst du hinzirkeln und da will ich hin, das ist meine vision, wisst ihr. gerd schmeisst seinen overall über einen alten stuhl und setzt sich zu den schweigenden freunden auf die sitzgruppe. die kunst ist ja auch nur eine entschuldigung wisst ihr, sagt er während er sich in die sitzgruppe fallen lässt, ich meine, was wäre ich ohne die kunst. meint ihr vielleicht lehrer oder bankangestellter? habt ihr eine ahnung... könnt ihr euch mich als bürokrat oder vorstellen? kunst, meine kunst ist ja nur meine persönlich entschuldigung dafür, das ich diese ganze bürokratieidiotie den anderen überlassen will, sie ist meine entschuldigung, das ich mich dafür für zu gut, zu hoch und vor allem zu begabt, zu geistreich und zu gewandt erachte, als das ich in dieser mühle mitspielen könnte. glaubt mir, ich habe es probiert, ich hab sie gesehen diese gemeingewöhnliche zerkleinerungsmaschine der bürokratie und ihr wisst es selber, ihr wisst ja schliesslich selber das es nichts übelgesinnteres als diese schwachsinnige staatsbürokratie gibt. eine mühle ist das, eine bittercharakterlose staatsbürokratiemühle ist das, diesen pedantischen amtsschimmel den hält ja niemand aus, der auch nur ansatzweise fähig und begabt ist, den hält ja wirklich niemand aus, der auch nur im geringsten so etwas wie talent besitzt, der fähig ist zu kreieren, der schöpfen kann. und doch ist, sagt gerd während er den letzten kaffe auf die tassen der freunde verteilt, die kunst eben doch nur eine entschuldigung dafür, nicht in diesem morast zu versinken, in dem doch nur die meisten aller menschen bis zur pensionierung versinken und da haben wir es ja schon wieder, die pensionierung, was gibt es idiotischeres als die pensionierung, das ist ja gerade die sogenannte finalisierung des gemeingewöhnlichen menschen mit nur dem nicht so ganz zu unterschätzenden kleinen haken, das der gemeingewöhnliche mensch bis zu seiner persönlichen finalisierung schon längst dahingeschieden auf irgendeinem irgendeinem hundsgewöhnlichen gemeindefriedhof in einem zeitlich befristeten massengrab von würmern zernagt wird. gerd holt neuen kaffe. seine freund schweigen und rauchen, betrachten gelangweilt gerds anhäufung von bildern. schlechte bilder. armselige bilder, denken sie sich. charakterlose, unterdurchschnittliche bilder malt gerd, denken sie sich weiter und rauchen weiter, trinken weiter von seinem kaffe und rauchen seine zigaretten und lottern auf seiner durchgesessenen sitzgruppe herum während sie schweigen und darüber nachdenken was für ein gemeingefährlicher typ gerd im grunde genommen ja ist und wie unrecht er allen tut in seinem geschwelge und seinen niederen worten, denken sich schweigend alles bittere über gerd in sich hinein, während sie gerds kaffe trinken und seinen wein trinken, während sie seine zigaretten rauchen und ihn ja im grunde genommen in ihrem ganzen denken nur herabschätzen und verabscheuen, da sie ihn ja im grunde genommen nicht im geringsten schätzen. irgendwann steht julian auf und fragt wo gerd ist. wo ist gerd also, fragt julian, wo ist er eigentlich hingegangen als gerd gerade aus der küche mit zwei flaschen wein und fünf gläsern zurückkommt und seine rede mit mit einem lauten man sollte sie alle töten fortsetzt. man sollte sie alle töten die neuen, jungen sogenannten emerging artists, die sich alle nur selber kopieren und die sich ja alle nur nachmachen, all die jungen aufstrebenden künstler, schaut sie euch doch an mit ihren installationen die ja überhaupt nicht funktionieren und ihrem niederen gequake, man sollte sie alle an die wand binden und an ihren kunstwerken strangulieren, genau das sollte man mit ihnen machen man sollte sie aufstrangulieren und zu kunstwerken erklären, sollte sie an die wand binden bis sie nicht mehr atmen, bis sie sich nicht mehr bewegen, bis sie nicht mehr den geringsten ruck machen und mit und dann für ein paar hundertausend euro an der art basel oder von mir aus an der nächsten dokumenta, wenn sie schon längst vermodert sind, sollte man sie verkaufen. man sollte sie aufknüpfen und berühmte werke nachstellen, aufschlitzen sollte man sie. aufschlitzen wie der nitsch das gemacht hat der hat ja eigentlich das einzig richtige gemacht, nämlich gar nichts anderes als das aufschlitzen ansich darzustellen und man sollte und in diesem moment springt beate auf, schleudert ein ausgetrocknetes weinglas gegen die wand und schreit hör auf gerd, hör auf gerd du nervst, dein lamentieren nervt, weisst du, du bist ja selbst einer von denen gegen die die hier aufziehst... was soll das? beate atmet tief und laut, atmet als würde sie keine luft mehr bekommen und gackste weisst du ich weiss ja im grunde genommen genau was du meinst, denn eigentlich sind nicht die künstler schuld, sondern die universitäten, weil die universitäten züchten diese künstlerbrut heran. ich war heute gerade auf der finanzabteilung im ersten stock oben und das ist ja auch immer das oberlachhafteste überhaupt, die behandeln dich da erst mal wie den grössten verbrecher überhaupt, schlimmer als bei der polizei wirst du da behandelt, da wirst du noch wesentlich schlimmer behandelt als bei einer diebstahlsanzeige auf irgendeiner verblassten alten wiener polizeistation so schlimm wirst du da behandelt und dabei sind ja nicht die studenten jene, welche die unis am allerschlimmsten ausweiden sondern die angestellten selber, das ist ja das eigentlich erschütternde an der ganzen geschichte, es sind ja die angestellten selber, die assistenten und oberassistenten und die lehrbeauftragten und professoren selber, die studenten können die uni ja gar nicht ausweiden mit den lachhaften beträgen unter hundert euro, es sind ja die angestellten der uni, welche diese völlig dreist und ohne jegliches schlechtes gewissen ausweiden, ja ausgeweidet wird die uni von den assistenten, das ist genau das richtige wort sagte beate und hob ein paar scherben von gerds boden auf während sie die namen der assistenten aufzählte, ihr kennt sie ja alle auch, sagte sie, bruce die blonde schwuchtelassistenz aus der modeklasse, das ist doch der allerschlimmste und noch viel

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